(Stand 12. Oktober 2023)
Seit rund 20 Jahren regelt ein Gesetz mit dem sperrigen Namen „Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG)“ die Stromversorgung und das Geschehen auf dem Strom-Markt in Österreich. Jetzt soll es aber durch ein neues Gesetz abgelöst werden, das nur mehr „Elektrizitätswirtschaftsgesetz“ (ElWG) heißt. Der Gesetzgeber reagiert damit auf die tiefgreifenden Veränderungen der letzten Jahre im Bereich der elektrischen Energie, allen voran die Digitalisierung und die Umstellung auf erneuerbare Energieträger.
„Die Verteilernetzbetreiber begrüßen die Gesetzesinitiative und wünschen sich eine zügige Umsetzung“, betonte der Geschäftsführer von Netz Burgenland, Florian Pilz, beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 12. Oktober 2023. Auch die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, hält eine Neufassung des veralteten ElWOG grundsätzlich für notwendig: „Die Netze müssen ausgebaut und aufgerüstet werden. Die Netzbetreiber müssen die vielen neuen Erzeuger von Erneuerbaren Energien ebenso integrieren wie die Erneuerbaren Energiegemeinschaften. Dafür brauchen sie passende rechtliche Rahmenbedingungen.“
Realistische Fristen für den Ausbau
Mit den Details des Entwurfs sind die Netzbetreiber aber noch keineswegs zufrieden. So sollen künftig Fristen vorgeschrieben werden, falls durch neue Produktionsanlagen ein Ausbau der Netze nötig wird. Pilz: „Die Rede ist von 6-12 Monaten im Niederspannungsnetz und 18 Monate für die Netzebenen 3 und 4. Das wird so nicht umsetzbar sein.“ Der Netzausbau lässt sich nicht beliebig beschleunigen, erinnert Pilz, das Tempo hängt unter anderem von Genehmigungsverfahren sowie von den Lieferfristen für Transformatoren und andere technische Komponenten ab.
In diesem Zusammenhang zeigt sich Pilz auch verwundert, dass im Gesetzesentwurf ein kürzlich ergangenes OGH-Urteil nicht berücksichtigt wurde. „Wenn Verteilernetzbetreiber auf Anweisung des Übertragungsnetzes einem Einspeiser die Leistung reduzieren müssen, so kann das laut OGH zu Schadenersatzansprüchen führen“, erläutert Pilz, „im ElWG sollte klar geregelt sein, wer in solchen Fällen haftet. Es geht nicht, dass die Kosten bei den Verteilernetzbetreibern als den Letzten in der Kette hängen bleiben.“
Überschießende Auskunftspflicht
Das Gesetz will auch Transparenz darüber schaffen, wo Netze noch Leistung aufnehmen können und wo die Grenze bereits erreicht ist. Zu diesem Zweck sollen die Netzbetreiber jeden Monat aktuell Auskunft über verfügbare und gebuchte Kapazitäten geben – und zwar für jede Transformator-Station. „Eine überschießende Bestimmung“, kritisiert Pilz, „das erfordert hohen technischen und bürokratischen Aufwand und erzeugt damit auch hohe Kosten.“
Auf Skepsis stößt auch der geplante neue monatliche Abrechnungsmodus. Bisher wird der Stromverbrauch einmal jährlich abgelesen, auf dieser Basis erfolgen vierteljährliche oder monatliche pauschale Teilbeträge – bei der nächsten Ablesung wird dann festgestellt, ob sich ein Guthaben oder eine Nachzahlung ergibt. Künftig kann mit Hilfe der neuen Smart Meter der Verbrauch monatlich abgelesen und auf Wunsch der Kunden der tatsächlich in dem jeweiligen Monat verbrauchte Strom verrechnet werden. Das bedeutet, dass ein typischer Haushalt im Juli oder August eine sehr viel niedrige Stromrechnung erhalten wird, dafür liegen die Kosten im Dezember und Jänner um ein Vielfaches höher. Verstärkt wird dieser Effekt noch dadurch, dass Strompreise im Winter wesentlich höher als im Sommer sind. „Wir fürchten, dass so ein System bei vielen Konsumenten Verwirrung stiftet, auch wenn der Jahresdurchschnitt der Kosten unverändert bleibt“, meint Pilz. Vor allem aber, so Pilz, entsteht „ein gewaltiger Mehraufwand für die Netzbetreiber – zwölf Mal so viele Daten wie bisher müssen abgelesen und verarbeitet, an die Energielieferanten gesendet und den Kunden zugestellt werden.“
Verbesserte Datennutzung
Was hingegen auf volle Zustimmung der Netzbetreiber stößt: Mit dem neuen ElWG sollen die Daten der Smart Meter noch umfassender und ohne Einschränkungen genutzt werden können. Pilz: „Wir gewinnen dadurch aktuelle Informationen über das Netzgeschehen, das hat große Vorteile für die Stabilität und Effizienz der Netze.“ Positiv sieht Pilz auch, dass Netzbetreiber künftig die Möglichkeit haben, Produzenten vorübergehend nur mit eingeschränkter Leistung ans Netz zu nehmen: „Damit können Ökostromanlagen rascher ans Netz gehen, ohne dass sie den für die volle Leistung nötigen Netzausbau abwarten müssen.“
Drei wichtige Forderungen sind es, die von den Verteilernetzbetreibern an das ElWG gestellt werden, so Pilz abschließend: „Die Netzbetreiber brauchen Rechts- und Planungssicherheit, es wäre fatal, wenn ein Gesetz mit unklaren Bestimmungen beschlossen wird, die nachträglich zu Diskussionen führen. Weiters brauchen wir Klarheit über die Anerkennung der Kosten, denn nur so besteht ausreichende Investitionssicherheit. Drittens sollte das Gesetz realistische Fristen für Netzzugänge festlegen. Wir arbeiten mit Hochdruck an Ausbau und Ertüchtigung der Netze. Aber auf externe Faktoren wie die Lieferzeiten für Trafo-Stationen oder die Dauer von Genehmigungsverfahren haben wir keinen Einfluss.“