Für die Energiewende müssen 18 Milliarden Euro in den Ausbau der Netze gesteckt werden. Für dieses Ziel sind alternative Formen der Finanzierung nötig. Denn die Energiewende ist voll im Gang. Die Zahl der Wind- und Photovoltaik-Anlagen nimmt sprunghaft zu, ein ähnlich rasanter Anstieg ist bei Wärmepumpen und E-Mobil-Ladestationen in privaten Haushalten zu beobachten. Um diese Entwicklung im selben Tempo begleiten zu können, müssen die Verteilernetze ausgebaut und verstärkt werden. Dieser Ausbau erfordert einen hohen Investitionsbedarf. Um die anfallenden Kosten abdecken zu können, brauchen die Netzbetreiber zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten. Dies forderte der Geschäftsführer der Linz Netz Gmbh, Johannes Zimmerberger, beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 13. Juli 2023.
Die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, verwies darauf, dass die Verteilernetze als regulierte Infrastruktur-Unternehmen in ihrem Spielraum stark eingeschränkt sind: „Die Netzbetreiber können ihre Kosten von Gesetzes wegen nur auf eine einzige Weise abdecken, nämlich mit den Netzgebühren, die vom Regulator bestimmt werden. Diese Netzgebühren dürfen nicht durch den Ausbau in die Höhe getrieben werden.“
Baukostenzuschüsse sind nicht mehr treffsicher
Wenn immer mehr dezentrale Erzeugungsanlagen – in der Regel private PV-Anlagen – Strom einspeisen, übersteigt irgendwann deren Leistung die Kapazitäten des bestehenden Netzes. Dann müssen Leitungen verstärkt oder ein stärkerer Trafo eingebaut werden. Wird die Spannung durch neue Erzeugungsanlagen auch im Mittelspannungsnetz zu hoch, so ist sogar die Errichtung eines zusätzlichen Umspannwerks nötig.
Bisher wurde die Finanzierung des Ausbaus von Netzen durch sogenannte Baukostenzuschüsse sichergestellt, die Teil der Netzgebühren sind. In einem zunehmend dezentralen Stromsystem führt dieses Prinzip aber zu paradoxen Widersprüchen. So sind zum Beispiel die Baukostenzuschüsse für 10 neue PV-Anlagen aufgrund neuer gesetzlicher Vorgaben geringer als für 10 neue Haushaltsanschlüsse – die verursachten Kosten können bei PV-Anlagen mit hoher Leistung aber bedeutend höher liegen. Wo PV-Anlagen in hohem Maße zur Eigenversorgung genutzt werden, führen sie zu einer Senkung der Netzgebühren. Die Netze müssen aber weiterhin die nötige Kapazität vorhalten, da in den Tarifen keinerlei Verpflichtung zur Reduktion der Lastspitzen vorgesehen ist.
Zimmerberger: „Dieses Missverhältnis verschlechtert sowohl die Liquidität als auch die Kapitalstruktur der Netzbetreiber. Wir müssen daher alternative Formen der Finanzierung finden.“
Alternative Finanzierung als Ausweg
Eine Möglichkeit, um ausreichend Liquidität für den Netzausbau zur Verfügung zu haben, ohne dass die Netzgebühren drastisch erhöht werden müssen, sieht Zimmerberger in der Nutzung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten. „Die Netzbetreiber unterliegen strengen Vorschriften hinsichtlich der Verschuldung. In der jetzigen Situation wäre es aber sinnvoll, hier neue Regeln zu schaffen.“ Zum Beispiel könnten die Netzbetreiber Kredite bei der Europäischen Investitionsbank EIB aufnehmen, dort stellt die Finanzierung von Klimaschutz-Investitionen mittlerweile einen Schwerpunkt der Tätigkeit dar. Eine andere Möglichkeit wäre die Einrichtung eines staatlichen Infrastrukturfonds.
Netzdienliches Verhalten
Zimmerberger spricht sich überdies für eine stärker verursachergerechte Tarifstruktur aus. So sollen sich die Netzgebühren nach der Höhe der maximalen garantierten Leistung richten, die Verbraucher oder Einspeiser in Anspruch nehmen, denn der Netzausbau muss sich ebenfalls nach diesen Leistungsspitzen ausrichten.
Wenn die Möglichkeit geschaffen wird, selten auftretende Lastspitzen zu glätten (das sogenannte „dynamische Lastenmanagement), kann überdies die Kapazität der bestehenden Netze effizienter genutzt werden, sodass mehr Zeit für den nötigen weiteren Ausbau bleibt. Zimmerberger: „Wärmepumpen oder die Ladestationen von E-Mobilen weisen typischerweise eine hohe Gleichzeitigkeit auf. Wenn die Netzbetreiber hier steuernd eingreifen können, lassen sich diese Spitzen entzerren, das Netz kann ohne Ausbau insgesamt mehr an Strom aufnehmen.“