Die digitalen Stromzähler, die seit einiger Zeit in den österreichischen Haushalten installiert werden, sind höchst nützliche Werkzeuge für die Umsetzung der Energiewende. Allerdings kann das Potenzial der sogenannten Smart Meter derzeit noch nicht voll genutzt werden. Die Verteilernetzbetreiber wünschen sich vor allem einen reformierten Stromtarif, der Anreize für Verbraucher setzt, Spitzenbelastungen für die Stromnetze zu vermeiden. Überdies sollte die Nutzung zusätzlicher Smart-Meter-Daten zur effizienteren Netzplanung ermöglicht werden.
Diese Forderungen erhob der Geschäftsführer von Linz Netz, Johannes Zimmerberger, beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 12. Jänner 2023. Die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, verwies auf den volkswirtschaftlichen Nutzen von intelligenten Messgeräten: „Je besser die Daten sind, die den Netzbetreibern für die Steuerung zur Verfügung stehen, desto effizienter können die Netze genutzt werden, das erspart einen kostspieligen zusätzlichen Ausbau.“
Smart Meter messen den Stromverbrauch sowie die angeforderte Leistung in 15-Minuten-Intervallen und speichern diese Daten. Anders als die alten und technisch überholten Zähler stehen sie in Verbindung mit dem jeweiligen Netzbetreiber, sodass die erhobenen Daten abgelesen werden können, falls die Kunden dieser Nutzung zustimmen. Zudem können die Netzbetreiber jederzeit eingreifen, online Wartungen vornehmen sowie bei Bedarf Anlagen aus der Ferne sperren und wieder in Betrieb nehmen. „Wir verwenden dazu eigene gesicherte Datenverbindungen“, betont Zimmerberger, „die Stromzähler sind nicht mit dem Internet verbunden und somit maximal gegen Hackerangriffe geschützt.“
Nützliche Daten
Im Normalfall – wenn Verbraucher also nicht von der Opt-out-Möglichkeit Gebrauch machen – werden Verbrauchs- und Leistungswerte einmal am Tag ausgelesen. Die damit gewonnenen Informationen bringen den Verbrauchern einerseits und den Netzbetreibern andererseits hohen Nutzen. Er fällt noch größer aus, wenn sämtliche 15-Minuten-Messungen ausgewertet werden:
- Die Verbraucher erfahren im Detail, welche Geräte zu welcher Tageszeit den höchsten Verbrauch aufweisen und können entsprechende Maßnahmen zur Einsparung setzen.
- Wer private PV-Anlagen (etwa auf dem Dach eines Einfamilienhauses) betreibt, kann seinen Verbrauch so steuern, dass er ein Maximum an selbst produziertem Strom verwendet und so seinen Bezug vom Stromlieferanten minimiert.
- Erneuerbare Energiegemeinschaften wären ohne Smart Meter gar nicht möglich, weil hier die Netzbetreiber die jeweiligen Einspeisungen und den Verbrauch messen, zuordnen und abrechnen müssen. Im Netzgebiet von Linz Netz gibt es bereits über 100 solche Energiegemeinschaften, berichtet Zimmerberger: „Diese Möglichkeit wird also gut angenommen.“
- Netzbetreiber können mit Hilfe der Daten aus den Smart Meter flexibler auf Schwankungen in Produktion und Verbrauch reagieren. Zimmerberger: „Diese Volatilität wird in Zukunft stark zunehmen, sie stellt eine der großen Herausforderungen für die Netze bei der Energiewende dar. Sonnen- und Windenergie sind wetterbedingt starken natürlichen Schwankungen unterworfen. Auf der Verbraucherseite kommt es durch das Laden von E-Mobilen und durch die Zunahme von Wärmepumpen zu Verbrauchsspitzen.
- Die Daten aus den digitalen Stromzählern könnten auch die Planungen für den weiteren Ausbau der Netze massiv verbessern. Wenn Spannungswerte und Ströme aus den Zählern ausgelesen werden, lassen sich Netzbelastungen viel genauer planen. Zimmerberger: „Derzeit können solche Daten nur mit Zustimmung jedes einzelnen Kunden und jeder Kundin möglich. Hier wünschen wir uns ein besseres Zugriffsrecht der Netzbetreiber auf diese Daten.“
Leistungstarife für mehr Effizienz
Extreme Verbrauchsspitzen könnten durch ein verändertes Verhalten der Konsumenten vermieden werden, indem zum Beispiel E-Mobile nicht gerade zur Hauptabendzeit geladen werden, oder indem Wärmepumpen Zeiten von geringerer Netzbelastung nutzen. Dafür müsste aber ein Bewusstsein geschaffen werden, meint Zimmerberger: „Die Kunden und Kundinnen müssen die notwendigen Informationen erhalten, die von den intelligenten Messgeräten geliefert werden. Vor allem aber müssen finanzielle Anreize für netzdienliches Verhalten geschaffen werden.“ Die Struktur des Stromtarifs sollte deshalb so verändert werden, dass die Inanspruchnahme geringerer Leistung oder die Nutzung zu bestimmten Tageszeiten durch niedrigere Netztarife belohnt wird.
Finanzielle Anreize dieser Art würden auch helfen, die Bedenken jener Verbraucher zu überwinden, die derzeit noch die Möglichkeiten zum Opt-Out wählen, bei denen also wie früher nur der Gesamtjahresverbrauch gemessen wird. „Für Opt-Out entscheidet sich zwar nur eine Minderheit, trotzdem wäre es wertvoll, auch von diesen Haushalten differenzierte Verbrauchswerte sowie Daten über die Leistung zu erhalten.“ Die häufigste Begründung für Opt-Out besteht nach wie vor in Datenschutz-Bedenken, so Zimmerberger, obwohl die Netzbetreiber mittlerweile vielfach dargelegt haben, dass solche Bedenken unbegründet sind.
Was wollen die Kunden?
Um besser zu verstehen, welche Bedürfnisse die Verbraucher im Alltag tatsächlich haben und welche Anreizsysteme daher am wirksamsten wären, hat Linz Netz gemeinsam mit Netz Oberösterreich ein Forschungsprojekt gestartet, bei dem innovative Stromtarife sowie der Einsatz von Apps zur Information der Kunden und Kundinnen getestet werden. „Wir erwarten uns davon wertvolle Erkenntnisse über die Akzeptanz von neuartigen Informationsangeboten sowie über die technischen Voraussetzungen. Außerdem wollen wir herausfinden, wie lange es dauert, bis es tatsächlich zu verändertem Verhalten kommt.“