Österreichs Stromversorgung muss auch in Krisenzeiten stabil sein. Die Netzbetreiber investieren deshalb laufend in die Versorgungssicherheit.
Erst die Pandemie, dann andauernde heftige Stürme – für die Stromversorgung in Österreich stellt der Winter 2021/2022 eine große Herausforderung dar. Dass es trotzdem bisher zu keinen nennenswerten Ausfällen kam, ist der umfassenden Krisenvorsorge der Netzbetreiber zu verdanken. Eine sichere Versorgung auch unter schwierigen Bedingungen stellt oberste Priorität für die Energienetze dar – das betonte die Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch am 3. Februar 2022. Ederer: „Derzeit wird in der Pandemie besonders deutlich sichtbar, wie wichtig die Krisenvorsorge bei der Energie-Infrastruktur ist. Die Netzbetreiber müssen laufend in die Sicherheit investieren.“
Eine Pandemie stellt dabei eine besondere Herausforderung dar, weil sie die Gefahr birgt, dass wesentliche Teile des Mitarbeiterstabs eines Netzbetreibers ausfallen und dadurch die Aufrechterhaltung des Betriebs gefährdet wird. Das Krisenmanagement der Netzbetreiber muss deshalb auch für solche Situationen Vorsorge treffen, wie der Geschäftsführer von Netz Burgenland, Florian Pilz, am Beispiel seines Unternehmens erläutert: „Es ist uns bisher gelungen, größere Wellen von Quarantäne zu vermeiden. Wir setzen auf eine intensive Teststrategie, es gibt Maskenpflicht überall dort, wo die Abstandsregel unterschritten wird. Wir haben die IT so aufgerüstet, dass Telearbeit von daheim sehr weitgehend möglich geworden ist.“
Falls doch Ansteckungen auftreten, wird eine Ausbreitung verhindert, indem kritische Unternehmensbereiche voneinander abgeschirmt bleiben: „Die beiden Netzleitstellen sind völlig voneinander getrennt. Wir trennen auch die technischen Teams, um für Reparaturen einsatzbereit zu bleiben.“
Im Krisenfall werden die Maßnahmen für die Netz- und Versorgungssicherheit mit den anderen Maßnahmen von Energie Burgenland auf Konzernebene koordiniert. Die Vorgangsweise ist durch ein Krisenhandbuch für den Gesamtkonzern vorgegeben. Dieses sieht für Pandemien sechs Stufen der fortschreitenden Eskalation vor – derzeit wurde die vierte Stufe erreicht, die vor allem Hygiene und Distanzierung vorsieht.
Pandemien sind nur eine von verschiedenen Kategorien von möglichen Störungen, die eine Unterbrechung der Stromversorgung nach sich ziehen können. Die Netze müssen darüber hinaus gegen Naturgewalten gewappnet sein, die Schaden an den Leitungen anrichten, weiters gegen technische Pannen im Netz selber. Pilz: „Solche Störungen sind zum Beispiel am 8. Jänner 2021 in Kroatien oder am 24. Juli 2021 in Spanien, Portugal und Frankreich aufgetreten. In beiden Fällen konnte durch rechtzeitiges Reagieren und durch technische Maßnahmen ein größerer Blackout knapp verhindert werden.“
Schließlich steigt mit der technologischen Aufrüstung der Netze zu Smart Grids auch die Notwendigkeit, diese gegen Cyberattacken zu schützen. Angriffe von Hackern, die Computerviren in die Steuerung des Systems einschleusen, können sowohl terroristische Ziele verfolgen als auch kriminelle Motive haben, etwa das Erpressen von Lösegeld. Um solche Szenarien von vornherein zu verhindern, werden von den österreichischen Stromnetzbetreibern besonders hohe Sicherheitsstandards befolgt. So wurde die Network Information Security Richtlinie der EU vollständig umgesetzt. Das Sicherheitssystem Austrian Energy CERT gilt europaweit als vorbildlich. Zusätzliche Sicherheit wird dadurch gewährleistet, dass die Netzbetreiber eigene getrennte Datennetze verwenden. Regelmäßig werden Cyber-Sicherheitsübungen durchgeführt.
Alle diese Vorsorgemaßnahmen kosten Geld, sind aber unabdingbar, so Pilz: „Die Energienetze sind Teil der kritischen Infrastruktur. Ein Zusammenbruch der Stromversorgung hätte dramatische Folgen für das gesamte Alltagsleben.“ Wenn mehrere Stunden oder noch länger im gesamten Netzgebiet kein Strom verfügbar wäre, würde das bedeuten, dass die Wohnungen nicht beleuchtet und nicht geheizt werden können, dass die meisten täglich gebrauchten Geräte nicht benutzt werden können. Die Kommunikation würde ebenfalls zusammenbrechen, ergänzt Ederer: „Ohne Strom gibt es kein Internet, kein Handynetz, kein Festnetz-Telefon, kein Radio und kein TV.“ Darüber hinaus wäre auch das Einkaufen in den meisten Geschäften nicht mehr möglich, die Banken blieben geschlossen, im Extremfall können auch Straßenbahnen und Züge nicht mehr verkehren.“
Dank der Vorkehrungen der Netzbetreiber sind solche Szenarien in Österreich seit Jahrzehnten nicht mehr eingetreten und haben auch für die Zukunft sehr geringe Wahrscheinlichkeit. Die Netze brauchen aber die nötigen Rahmenbedingungen, um auch in Zukunft dieses Maß an Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, so Pilz abschließend: „Die Finanzierung für die Krisenvorsorge muss sichergestellt sein. Zudem sollte in allen Gesetzen und Verordnungen im Bereich Energie die Krisensicherheit berücksichtigt werden.“