Wenn Österreich seine Klimazeile erreichen will, muss die Produktion von Strom aus Photovoltaik bis zum Jahr 2030 um das Zehnfache gesteigert werden. Der Anteil an Windenergie muss sich mehr als verdoppeln. Beides führt aber dazu, dass ein sehr hoher Anteil der künftig produzierten elektrischen Energie ständigen hohen Schwankungen unterliegt. Die Verteilernetze können diese zusätzliche Belastung nur bewältigen, wenn sie Stromspeicher einsetzen, die für die nötige Flexibilität sorgen. Die nötigen rechtlichen Voraussetzungen müssen daher rasch geschaffen werden.
Das forderte der Geschäftsführer von LINZ NETZ, Johannes Zimmerberger, gemeinsam mit der Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Brigitte Ederer, beim Energiepolitischen Hintergrundgespräch des Forums Versorgungssicherheit am 17. Juni 2021. „Eine stabile Stromversorgung wird künftig ohne kurzfristige wie auch langfristige Speicher nicht möglich sein“, betonte Ederer, „daher sollten die offenen rechtlichen Fragen rasch geklärt werden.“
Starke Schwankungen sind der Normalfall
Dass die Energienetze auch Speicher betreiben, sieht das Gesetz derzeit nicht vor. Unter Experten ist zudem umstritten, ob Speicher nicht grundsätzlich nur solchen Unternehmen vorbehalten bleiben sollten, die im Wettbewerb stehen. LINZ NETZ betreibt im Rahmen eines EU-Projekts seit einiger Zeit eine Versuchsanlage in Prendt im Mühlviertel. Dieser regionale Batteriespeicher, der mit 15 privaten Photovoltaik-Anlagen gekoppelt ist, brachte wesentliche Erkenntnisse über die Praxis des großflächigen Einsatzes von Sonnenstrom, berichtete Zimmerberger: „Durch den Speicher konnte jede Überlastung der Netze verhindert werden, ohne dass wir Produktionsspitzen abregeln mussten.“
Die Auswertung der Lastprofile zeigte zudem, wie stark die natürlichen Schwankungen bei Sonnenstrom sind: „Eine einzige vorbeiziehende Wolke kann bewirken, dass die eingespeiste Leistung innerhalb von Sekunden auf nahezu Null sinkt, und ein paar Minuten später schlägt die Kurve schon wieder extrem nach oben aus.“ Speicher, die solche Fluktuationen ausgleichen, werden deshalb künftig ein unverzichtbarer Teil der Netzinfrastruktur sein, forderte Zimmerberger: „Die Ökostrom-Versorgung wird ohne Speicher nicht funktionieren. Deshalb sollten rein netzdienliche Speicher auch im Eigentum der Netzbetreiber stehen dürfen.“
Neue Tarifstruktur erforderlich
Der Umbruch des Energiesystems braucht aber auch ein neues Tarifsystem, das Anreize für ein netzschonendes Verbrauchsverhalten setzt. Wer seinen Stromkonsum so steuert, dass er damit Verbrauchsspitzen und extreme Netzbelastungen vermeidet, soll davon finanzielle Vorteile haben.
In der Praxis kann das einerseits durch einen Leistungs-Tarif bewirkt werden – je höher die maximale Leistung ist, die jemand zur Verfügung haben will, desto höher sollte auch der Netztarif sein. Zum zweiten sollten Verbraucher davon profitieren, dass sie ihrem Netzbetreiber die Möglichkeit geben, den optimalen Zeitpunkt für den Abruf benötigter Energie vorzugeben. Zimmerberger nennt hier als Beispiel das Aufladen eines E-Mobils oder das Erwärmen eines Warmwasserspeichers: „In beiden Fällen kommt es nicht darauf an, ob der nötige Strom eine halbe Stunde früher oder später eingespeist wird, solange morgens beim Aufstehen das Wasser heiß und das Auto fahrbereit ist. Hier sollten die Netzbetreiber steuernd eingreifen können, um den Verbrauch an die Erzeugung anzupassen.“