Die Energieversorgung teilt sich derzeit in mehrere Sektoren auf, die miteinander nur wenig zu tun haben: Strom dient zur Beleuchtung und zum Betreiben von Geräten, Gas zum Kochen und Heizen, die Mobilität wird überwiegend durch fossile Treibstoffe ermöglicht.
Wenn aber das gesamte Energiesystem CO2-neutral umgestaltet werden soll, verschwimmen diese Sektorengrenzen: Autos fahren künftig mit Strom, Wärmepumpen versorgen uns mit Warmwasser und Raumwärme, umgekehrt kann Strom zur Herstellung von Wasserstoff genutzt werden. Die Sektoren müssen also stärker gekoppelt und schließlich zu einem Gesamtsystem integriert werden.
Was bedeutet das konkret?
Eines der wichtigsten Ziele wird es sein, Wasserstoff als Speichermedium für Strom zu nutzen. Mithilfe von Elektrolyse, für die viel elektrische Energie nötig ist, kann Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten werden. Der Wasserstoff wird anschließend als Gas gespeichert und kann später entweder direkt zum Heizen verwendet werden, oder aber eine Turbine betreiben und so wieder Strom erzeugen.
Strom lässt sich also in Wasserstoff umwandeln, und Wasserstoff zurück in Strom.
Diese Umwandlungsprozesse sind zwar mit Verlusten verbunden, dennoch braucht das künftige Energiesystem Elektrolyse-Anlagen, und zwar aus zwei Gründen:
- Wind, Sonnenenergie und Wasserkraft haben die Eigenschaft, dass sie im Sommer mehr Energie liefern als im Winter. Aber im Winter ist der Strombedarf höher. Dieses Gefälle wird immer größer, wenn Wohnungen und Büros mit Strom statt mit fossilem Gas geheizt werden. Die Umwandlung in Wasserstoff ist die beste Möglichkeit, um den im Sommer erzeugten Strom für den Winter zu speichern – andernfalls würde man enorme zusätzliche Kraftwerkskapazitäten brauchen, die nur 5 Monate im Jahr laufen.
- Windparks und Sonnenkraft-Anlagen liefern ihren Strom nicht gleichmäßig, sondern sind stark vom Wetter abhängig. An sonnigen, windigen Tagen produzieren sie mehr, als der Markt aufnehmen kann. Bei Dunkelflaute fallen sie völlig aus. Auch hier hilft Wasserstoff als Zwischenspeicher, diese Schwankungen auszugleichen.
Künftig wird es daher nicht mehr getrennte Netze für Strom, Gas und Fernwärme geben, sondern ein integriertes Netz, in das auch die Strom- (oder Wasserstoff-)Tankstellen für CO2-neutrale Fahrzeuge einbezogen werden. Die Netzbetreiber fungieren zusätzlich als Datendrehscheibe und als Ermöglicher, damit die vielen volkswirtschaftlich sinnvollen Umwandlungsprozesse stattfinden können.
Technisch sind viele Umwandlungen von Energie möglich: Strom zu Gas, Strom zu Wärme, Gas zu Strom, Kraft-Wärme-Kopplung (also das Nutzen der Abwärme bei der Stromerzeugung), etc.
Da bei jedem Umwandlungsprozess Energie verloren geht, ist es sinnvoll, diese auf das Nötigste zu begrenzen. Das bedeutet zum Beispiel, dass es klüger ist, Wasserstoff (der sich weiter zu Methan veredeln lässt) direkt zum Heizen zu verwenden, statt damit eine Stromturbine zu betreiben.
Der Erhalt der bestehenden Gasnetze und der Gasinfrastruktur ist daher eine wichtige Forderung im Zusammenhang mit dem Ziel der Sektorenkopplung.
Darüber hinaus müssen die Gesetze so gestaltet werden, dass Umwandlungen klaglos und ohne bürokratischen Aufwand möglich sind. Immerhin sind derzeit für Gas und Strom zwei völlig unterschiedliche Gesetze zuständig, nämlich das Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) einerseits und das Gaswirtschaftsgesetz (GWG) andererseits. Auch Bauordnungen, Energieraumordnung sowie die sogenannten „Technischen und Organisatorischen Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen“ müssen überarbeitet werden.