Die Verteilernetze sind das Rückgrat der Energiewende, aber sie brauchen passende rechtliche Rahmenbedingungen.
Beim geplanten Umbau des Energiesystems kommt den Verteilernetzbetreibern eine ganz entscheidende Rolle zu. Leistungsfähige intelligente Verteilernetze sind unerlässlich zur Erreichung der Klimaziele des Regierungsprogramms. Darauf wies die Vorstandsvorsitzende und Sprecherin des Forums Versorgungssicherheit, Mag.a Brigitte Ederer, anlässlich des von Oesterreichs Energie veranstalteten Trendforums zum Thema „Regierungsprogramm – und jetzt?“ am 2. März 2020 hin.
Ederer nannte drei Gründe, warum das künftige CO2-neutrale Stromsystem höhere Anforderungen an die Verteilernetze stellt: „Erstens wird in den nächsten Jahren ein ständig wachsender Anteil des Stroms aus Sonne und Wind gewonnen, also aus Energiequellen, die sich bekanntlich schwer steuern lassen. Sie sind volatil. Wenn wir trotzdem eine stabile, verlässliche Energieversorgung haben wollen, brauchen wir ausreichend leistungsfähige und ausreichend intelligente Netze, die mit diesen Schwankungen in der Produktion umgehen können.“
Die zweite Herausforderung stellen laut Ederer die zunehmend zahlreichen dezentralen Erzeugeranlagen dar: „Wind- und Photovoltaik-Anlagen sind meistens keine Großkraftwerke. Vielmehr werden künftig an vielen Orten kleine und mittlere Anlagen entstehen, dazu kommen lokale Energiegemeinschaften. Da entsteht eine Vielfalt, die es zu integrieren und zu managen gilt, auch dabei muss die Netzstabilität und die Versorgungssicherheit im Vordergrund stehen.“
Drittens werden die Verteilernetze die Schnittstelle für die künftige Sektorenkopplung und Sektorenintegration bilden. Ederer: „Wir müssen die bisher getrennten Sektoren Strom, Gas, Wärme und Mobilität gemeinsam denken und untereinander vernetzen. Strom wird zum Antrieb von Fahrzeugen oder zum Heizen im Winter herangezogen werden, umgekehrt werden wir in die Umwandlung von Strom in Wasserstoff investieren müssen, um langfristige Speichermöglichkeiten zu entwickeln. Diese Schnittstellen zu managen, wird ebenfalls Aufgabe der Verteilernetze sein.“
Technisch können die Verteilernetzbetreiber alle diese Aufgaben bewältigen, so Ederer, aber rechtlich und regulatorisch sei dabei noch vieles ungeklärt. Konkret nannte Ederer die Notwendigkeit einer verursachergerechten Tarifstruktur mit Leistungstarifen: „Derzeit richtet sich der Strompreis überwiegend nach dem Mengenverbrauch, für die Benutzung der Netzinfrastruktur wird nur eine Pauschale verrechnet. Künftig sollte aber jemand, der hohe Spitzenleistungen in Anspruch nimmt und daher das Netz stärker belastet, höhere Tarife zahlen, als jemand, der ein netzschonendes Nutzungsverhalten zeigt.“
Die Verteilernetze sollen überdies netzdienliche Speicher als Betriebsmittel betreiben dürfen. Zudem müsse ihre bereits bestehende Funktion als Datendrehscheibe rechtlich abgesichert sein. Ederer nannte in diesem Bereich den sogenannten Energiewirtschaftlichen Datenaustausch (EDA) als Beispiel für eine Daten-Dienstleistung der Verteilernetze, die vorausschauend entwickelt wurde und künftig auf eine solide rechtliche Basis gestellt werden müsse: „Die Netzbetreiber haben ein System entwickelt, das bereits beim Lieferantenwechsel und bei den gemeinschaftlichen Erzeugeranlagen hervorragend funktioniert. Wir sollten dieses System auch für die neuen Aufgaben im Rahmen des Clean Energy Package nutzen.“
Die Verteilernetze sind bereit, als aktive Partner an der Klima- und Energiewende mitzuwirken, so Ederer: „Allerdings brauchen die Verteilernetzbetreiber dafür die nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen. Zudem weise ich ausdrücklich darauf hin, dass der Umbau des Energiesystems nicht zu Lasten der Versorgungssicherheit gehen darf. Was die Menschen brauchen, ist eine klimafreundliche, aber zugleich sichere, zuverlässige und kostengünstige Energieversorgung.“
Nachlese Oesterreichs Energie Trendforum