Das aktuelle Gastkommentar von Christof Zernatto in Oesterreich Energie, dem Fachmagazin der Österreichischen E-Wirtschaft.
Zum Jahreswechsel 2013/2014 startet eine neue Regulierungsperiode für die österreichischen Netzbetreiber. Sie ist ein „Kind“ der Liberalisierung des europäischen Strombinnenmarkts. Um Wettbewerb am Strommarkt zu schaffen, war es nötig, die bisher integrierten Unternehmen der E-Wirtschaft aufzuteilen – in einen wettbewerblichen Teil, der sich aus Stromproduktion, -handel und -vertrieb zusammensetzt, und in einen regulierten Bereich, den Netzen. Denn die Netze müssen allen Anbietern zu gleichen Bedingungen zur Verfügung stehen, damit sich der Wettbewerb ntfalten kann. Ihre Einnahmen erhalten die Netze über Netztarife, die von den Regulierungsbehörden festgelegt werden. Das war für die Behörden auch eine gute Chance, die Kosten des Elektrizitätssystems zu senken, denn bei den Netzen wurde gleich einmal massiv eingespart. Die Netzentgelte in Österreich liegen heute um 26 Prozent niedriger als beim Start. Da wurde kräftig an der Effi zienzschraube gedreht. Kräftiger ls im Mutterland der Liberalisierung, denn in Großbritannien lag der Abschlag in einer vergleichbaren
Zeitspanne nach der Liberalisierung des Markts nur bei dreizehn Prozent und in Deutschland mit 20 Prozent Abschlag ebenfalls unter dem österreichischen Wert. In Schweden bekommen die Netze heute sogar um 30 Prozent mehr als zum Zeitpunkt der Liberalisierung. Man darf sich fragen: Waren die schwedischen Netze so schlecht, dass man jetzt investieren muss? Waren die Österreicher um so viel ineffi zienter als die Briten und sogar als die Deutschen, dass man bei ihnen mehr einsparen musste? Oder hat hier – andererseits – jemand überzogen? Die Netzbetreiber jedenfalls meinen, jetzt sei keine weitere Kostenreduktion mehr möglich, und sie haben gute Gründe dafür. Die Netzregulierung und -fi nanzierung alten Stils stößt sowieso an ihre Grenzen. War man noch vor zehn Jahren der Ansicht, Österreichs Netze seien mit ausreichenden Kapazitäten versehen, zwickt es jetzt an vielen Ecken und Enden. Übertragungsnetzbetreiber werden in schöner Regelmäßigkeit von ungeplanten Stromfl üssen bedrängt, die sie zu Notmaßnahmen zwingen, Pumpspeicher können nicht gebaut werden, weil entsprechende Zuleitungen im Verfahren stecken. Verteilnetzbetreiber stehen aufgrund der knappen Investitionsmittel, die die Regulierung zulässt, öfter vor der Entscheidung, ob man alte Anlagen austauschen soll oder doch lieber mit neuen Anlagen ein weiteres Gewerbegebiet erschließen kann. Andere müssen Fotovoltaikanlagen ablehnen, weil am Netzzugangspunkt keine ausreichenden Kapazitäten mehr zur Verfügung stehen. Wenigstens der Regulierungsbehörde geht es nicht schlecht. Seit es sie gibt, sind ihre Kosten ständig gestiegen, und heute zahlen Österreichs Stromkunden bereits 15,5 Mio. Euro jährlich für die deutlich mehr als 100 „Regulierer“. Zum Vergleich: Oesterreichs Energie, die Interessenvertretung der E-Wirtschaft, zählt rund 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Österreich hat damit unter vergleichbaren Staaten die personalaufwändigste Regulierungsbehörde. Vielleicht wäre in Zukunft nicht nur bei den Netzbetreibern, sondern auch bei den Regulierern ein Benchmarking interessant.